Italien ist Vieles.
Sehr historisch, sehr christlich, sehr chaotisch, sehr schön, sehr undeutsch, sehr touristisch, sehr italienisch aber vor allem ein prächtiges Land. Meine Motivation ist von Allem etwas.
Ich mache eine Langsam-Reise nach Italien mit viel Rotwein, italienischem Essen, viel Chaos und mächtigem Palaver. Mit dem Palavern wird es allerdings schwierig, ich kann nur ein paar Wörter italienisch.
Viele schräge Vögel waren schon in Italien: Cäsar, König Barbarossa, Luther, Obelix, Goethe, Tante Emma… und ich will es auch! Von zu Hause aus über den Gotthard Pass und erst mal in die Lombardei.
Dummerweise liegen da ein paar Hügel dazwischen. Es geht über die Alpen. Oben rüber. Es schwitzt mich schon jetzt!
Die Route führt am Vierwaldstädtersee entlang, durch die Schöllenenschlucht, die Teufelsbrücke, über den Gotthard Pass und dann runter Richtung Mailand.
Vor ein paar Jährchen ging Goethe mit seinen Dreckschuhen diesen Trek entlang, dass ist belegt. Barbarossa durfte mit seinem Tross reiten. Klar, der war auch Kaiser.
Nur ich wusste lange nicht, ob ich laufen oder mit dem Velo fahren sollte.
Ich schwankte hin und her.
Der Wanderrucksack wiegt ohne Wasser und Verpflegung maximal 6 kg. Da zählt jedes Gramm. Mit dem Rad darf das Gepäck etwas schwerer sein, ca. 12 Kilo.
Bei der Radtour bleibt der Stiel an der Zahnbürste dran. Beim Fussmarsch muss er aus Gewichtsgründen weggesägt werden. Will ich den Luxus eines Zahnbürstenstieles?
Schwierig, schwierig, schwierig.
Aber nach langer Überlegungszeit hat das Velo gesiegt! Allerdings weiss es bis jetzt nur der Kopf… dem Arsch hab ich es noch nicht mitgeteilt. Dieser ist vermutlich: not amused !
Ohne exakte Route fahre ich über die Alpen, durch die Lombardei, die Toscana, in Richtung Rom und…
Das ist mein Plan… was dabei rauskommt…nobody know`s. Es gibt da einige Hürden: Corona, Apenin, Gesundheit, fehlende Italienisch-Kenntnisse, Hitze… u.v.m.
Wenn es nicht klappt sitze ich in den Zug und bin wieder zu Hause… aber probieren will ich es schon.
Mein E-Pony stand gesattelt im Stall, voller Volt und voller Vorfreude. Bei Sonnenaufgang ritt ich los!
Zuerst mal über die Mountains… aber noch zuerster durch Bülach und Zürich.
Es lief gut, ich kam voran, am Türlersee )liegt im Säuliamt) stellte ich mein 700gr-ultralight-Wigwam auf. Wenn ich ausatme, komme ich bequem in’s Zelt rein.
Buckelig aber nicht bergig geht es weiter. Von Airolo bis nach Vacallo nochmals
1200 Höhenmeter…über den Monte Ceneri. Dann an den Nobelhütten der Reichen und Schönen am Luganersee vorbei, in die Grenzregion der südlichsten Schweiz.
Dieser nationale Veloweg (Route 3) war sehr hilfreich. Er begleitete mich vom Zugersee bis an die Grenze. Teilweise sehr gut ausgebaut aber teilweise miserabel geführt. Gerade dort wo es eng wird und an Steigungen, muss man die Strasse mit all den Möchtegern-Formel 1- Piloten teilen. Trotzdem schön, dass es dich gibt : Route 3.
In Italien auf Velowegen zu fahren ist anders. Eine Beschilderung ist zwar nicht vorhanden aber die Radwege sind perfekt! Bei der Route hilft das Navi und der GPS Track. Wenn ich auswählen darf, ist mir diese Variante besser.
…und so bin ich in Mailand angekommen, viel schneller als gedacht…!
Hier verbringe ich nun einen Ruhetag, zufrieden aber geschafft.
Nun bin ich bereits in Mailand. Schneller als gedacht! Hier gönne ich mir einen Ruhetag, bei Aperol und „Mailänderle“. Die Berge waren doch anstrengend. Aber mir ist bewusst…es kommen noch ein paar Hügel (Apenin).
Leute zu beobachten ist toll…hier in Milano, Stadt der Reichen und Schönen. Die älteren baucheinziehenden Alpha-Männchen mit ihren frei herumlaufenden Botox-Weibchen, sind Zooverdächtig. Nicht zu vergessen, die ganzen Porschefahrer, die in der Stadt rumdrönen.( die wissen noch nicht, dass sie eines Tages in der Hölle Sauerkrautsaft trinken müssen… (siehe Beitrag: Mittwoch 3.Tag)
Ich dachte Mailand sei gut zum Shoppen und wollte ein paar Flip-Flops kaufen… also ging ich in die Shopping Mall „Vittorio Emanuel“ Ich wollte Flop-Flops unter 10 EUR! Leider….fand aber weder bei Dior, noch bei Prada oder Gucci meine gewünschten Produkte. Komisch!
Dafür pappte an einem Laternenpfosten am Domplatz einen Aufkleber…vermutlich hat ihn unser Minischderpräsident selbst, bei seinem letzten Einkaufsbummel, dort angebracht.
Na ja, war halt nix mit meinem Flip-Flop Einkauf in Mailand. Also auf nach Piacenza und schau dort, ob es Flip-Flops in meiner Preisklasse gibt.
Meine Tagesetappen geht über Pavia…dort soll es einen schönen Campingplatz geben.
Die Wettervorhersage bringt 70% Wolkenbruch… bei schönem Wetter kann jeder zelten.
Das geht in Ordnung. Die Kette war unten. Schnell gemacht.
Total erstaunt bin ich, wie gut und zuverlässig mein Bike läuft. Deshalb für alle Schrauber unter Euch ein paar technische. Details:
Zwei Akkus sind verbaut ( 1x im Rahmen 625 Wh und 1x am Unterrohr 500 Wh) somit stehen mir 1.125 Wh zu Verfügung.
Motor ist ein Bosch CX Line 4. Gen. Mit 85 Nm. Die maximale Tretkraftunterstützung beträgt im Turbo-Modus 340%.Im Standart Eco-Modus 50 %. Der Gegenwind ist also nur halb so stark.
Die Reichweite verändert sich je nach Unterstützung. Bei voll geladenen Akkus sind es 275 km Reichweite… geht aber bei Belastung (Berge, Gepäck, Modus) schnell runter. Mein Vorteil ist, daß ich nicht jeden Tag laden muß bzw. auch nicht kann.
Das Velo wiegt ohne Zuladung aber mit Akkus 26kg. Plus mein Gepäck 17 kg. Ganz schön!! Es klappt aber alles ganz gut. Eine Treppe hochtragen mußte ich noch nicht. Will ich auch nicht.
Das Fahren macht richtig Spaß…Klar mußte du strampeln…ist ja kein Moped. Aber es hilft unheimlich. Mit einem B-Bike (Bio-Bike) wäre ich noch nicht so weit.
Apennin heisst der gesamte Gebirgszug und die Abruzzen sind ein Teil davon (falls ihr mal an einem Quiz teilnehmt).
Der Apennin zieht sich bis nach Sizilien und der nördlicher Teil nennt sich abruzzischer Apennin. Das ist wie bei einem „Salzstengeli“ … Salz ist nur ein Teil davon, Stängeli ist das Ganze. Die Buckel auf dem Apennin heißen Monte…oder Corno.
Und über diesen Apennin musste ich zwangsläufig mit dem Rad rüber! Von Piacenza nach LaSpezia. Die Alpen kenne ich und weiss was mich erwartet…aber vom Apennin hört man Schreckliches: Wölfe, Nebel, Geister, Steinschlag, wunderbare Pasta und Hexen…und alles aufs Mal. Um 7:00 Uhr Start in Fidenza (geisterfreies Dorf in der Emilia Romagna). Auf den ersten Kilometer am Wegrand bereits viele Kreuze mit Blumen und Kerzen. Oh je !!!
Aber dann, nach vier Berg-Pässen über 1000m.ü.M., 1680 Höhenmeter und 110 km Strecke, kam ich in der Toscana müde aber unbehext und begeistert an. Zwei Etappen waren geplant, vor lauter Geister-Schiss fuhr ich die Strecke in einem Tag durch…und es war wunderbar! Trotz Kälte und Nebel eine unvergessliche Tour. Schmale Strässchen, kein Verkehr, Kuhglocken und vor fast jedem Haus sass eine strickende Nonna, die mir Buona Giornata zu rief. Kein Werwolf, keine Dämonen, keine wilden Tiere …nur wunderbares Italien.
Diese Etappe war anspruchsvoll aber eine der Schönsten.
Falls du Aulla in Italien nicht kennst, fahr mal hin! Mit dem Rad auf dem E5 (europäischer Fernradweg Nummer 5). Dort direkt am Radweg in Aulla liegt eine tolle Idee: ein Velo-Werkstatt-Hotel. Bed&Bike wörtlich genommen!
Alles vom Feinsten. Super ausgestattete Zimmer, die weit über dem Hotelniveau liegen. Das am Abend ausgewählte Frühstück steht um sechs vor der Zimmertür. Kaffeemaschine steht im Zimmer. Frisches Obst und kaltes Wasser, so viel du willst, für unterwegs.
Gleichzeitig wird das Velo gewartet, geladen und geschmiert. Mein E-Pony erhielt neue Bremsbeläge. Das junge Team ist Superfreundlich und extrem hilfsbereit. Alles zu einem vernünftigen Preis.
Fahr mal mit dem Bike ins Dolder nach Zürich oder ins Adlon nach Berlin… du bekommst keine neuen Bremsbeläge!
Da ging doch so eine übergewichtiger Hamburger-Amerikaner auf die geneigte Seite der Plattform und plötzlich ist das Welt-Kultur-Erbe umgefallen. Peinlich! Muss man reparieren!
Als die Schönheit der Welt verteilt wurde…stand die Toskana, weit vorn.
Der Radweg Via Francigena ist nicht das Musterbeispiel an Radweg, aber landschaftlich wunderschön. Durch die Toskana. Viel Auf und Ab, durch Olivenhaine, kleine Dörfer, schmale Gassen (mein Lenker ist 80cm breit) Zypressenalleen, Kopfsteinpflaster…in dem Bild fehlt nur noch der mittelalterliche Pilger. Dazu kommt das Angebot an Essen und Wein.
Wenn ich die Wahl hätte zwischen Bielefeld , Neuhausen a.Rh. und der Toskana…es wäre nicht Bielefeld oder Neuhausen.
In einer Woche bin ich in Rom. Ich könnte ja mal mit dem Papst ein Bier trinken gehen. Es gäbe da Einiges zu besprechen…allerdings reicht da ein einsames Tannenzäpfchen nicht aus.
Ich glaube, es war nicht schwierig, schräge Bauteile gibt es nicht so viele.
Gerne schreibe ich Postkarten… ich verwöhne meine Familie und alle Bekannten mit den kitschigsten und buntesten Karten die ich finde!
Leider gibt es meistens nur noch verbogene und verblichene Restbestände… ein auslaufenden Produkt! Schade.
Leute schreibt Postkarten… es ist cooler und persönlicher als eine langweilige WhatsApp Mitteilung.
Die italienische Vokabel für Briefmarken lautet: Frankobolli …ist das nicht ein schönes Wort!
Es war in Siena, vor der kath.Kirche St. Martin aus dem 15 Jhd.
Ich stand also vor dieser Fassade und dachte mir: Whow, geniale Baumeister, so etwas mit den Mitteln jener Zeit erbauen konnten.
Wenn ich die heutigen Gehäuse- Rechteck-Schachteln anschaue, die haben das Wort Haus nicht mal verdient.
Da prollt mich, von rechts, ein Typ in deutscher Urlauberuniform an: Sandalen, weisse Tennissocken, Bierbauch, Kamera um den Hals, Audi- Käppi. Und dann labbert er im besten Sachsen Slang: „Nö, was ist das denn für ein Balazzö?
Meine spontane Antwort (die ich allerdings nur dachte) :“Das ist kein Balazzö sondern eine kath.Kirche, du Arschloch“!
Der Ostproll hat vermutlich noch nie eine Kirche von innen gesehen und St. Martin kann er auch nicht einordnen. Nach solchen Episoden würde ich am liebsten vor lauter Fremdscham meinen deutschen Pass schreddern.
Zur Beruhigung habe ich dann ein wunderbares italienisches Eis gegessen (drei Kugeln, Nuss, Vanille und Kirsche).
Da mein Weg durch die zweite Reihe führt und nicht über die“ Strada deSole“ hat seine Gründe. Der europäische Fernradweg E5, dessen Wegführung ich meist nutze, verläuft nicht über die Prachtstrassen an der Küste, sondern mitten durch das Landesinnere. Ich will mehr Italien und nicht Meer Italien. Dieser E5 verläuft gemeinsam mit der Via Francigena entlang einem tausendjährigem Pilgerweg.
Die kleinen Dorfverbindungsstrassen im Landesinneren sind überwiegend nicht geteert sondern gekiest, eine staubige Sache. Dem Schlagloch muss man halt ausweichen…nach den Vögel schauen geht nicht. Geröll, Steine und Äste sind zu akzeptieren. Diese Straßen sind mit SP (Strada provinzial) und SC (Strada communal) bezeichnet. Es darf 90kmh gefahren werden! Zwar keine LKW …aber Landwirte schon!
Das krasse Gegenteil sind die SS und SN Straßen (Superstrada und Strada national) dort gibt es beste Teerbeläge, keine Löcher).
Und es gibt die AS die Autostrada (Autobahn). Die lassen wir aber als Radfahrer mal ausser Betracht.
Die Verkehrsdichte auf diesen SS/SN Straßen ist gigantisch. Der Fahrweise ist schnell und risikoreich. Es darf 90 kmh gefahren werden.
Was vermutlich in der Fahrschule nicht vermittelt oder vergessen wurde.
Wenn ein LKW mit 120 kmh und 50cm Seitenabstand überholt, rutscht mir als Velofahrer das Herz in die Hose. Ich habe Überholmanöver von Sportwagen und SUV (nicht immer Italienische Kennzeichen) beobachtet, die nicht sportlich sondern idiotisch sind.
So hast du also die Wahl zwischen Pest und Cholera. Nicht geteerter Feldweg oder Rennstrecke. Zwischen Siena und Rom fahre ich einen 70 km Umweg, damit ich auf Feldwegen bleiben kann! Radwege gibt es auch, gut angelegt aber 80 % der Strecke müssen auf normalen Straßentypen gefahren werden.
Meine Reise ist toll, die Beine machen mit, technisch läuft es bestens, Wetter auch…das Einzige was mir zu schaffen macht, ist dieser rücksichtslose Verkehr!
Als italienischer Verkehrsminister würde ich mobile Schrottpressen anschaffen und alle Autos mit überhöhter Geschwindigkeit kommen sofort in diese Schrottpresse. Porsche und Audi Fahrer müssen selbst aufs Knöpfchen der Schrottpresse drücken.
Die Raser dürfen dann Fahrrad fahren. Allerdings in Stufen, zwei Jahre lang müssen sie Stützräder nutzen und danach erhalten sie eine Gangschaltung. Das mit den Stützrädern sieht sicher gut aus!
Sonntag war Vatikan-Day… leider wurde aus dem Frühschoppen mit Papst nix. Aber er hat mir vom Fenster aus
zugerufen:“ Ich kann heute nicht!“ Schade vielleicht ein anderes Mal.
Egal wie man zur kath.Kirche steht… an diesem Ort wurde Weltgeschichte gemacht… und dieser Ort hat etwas Magisches. Und ALLES… nicht nur der Petersdom ist etwas größer als bei uns.
Die Gebäude der Römer wurden errichtet, da lebte der Rest von uns Europäer noch in Hütten. Das Koloseum konnte 70 000 Besucher aufnehmen. Der Circus Maximus (Rennbahn für Wagenrennen) bis zu 270 000 Zuschauer!!! Die gesamten Einwohner der Kantone Graubünden, Glarus und Appenzell können zusammen ein Wagenrennen anschauen… Die kleinen Appenzeller müssten halt vorne stehen.
Rom stellt schon viele Städte in den Schatten… was auch nötig ist, denn es hat heute
30 Grad im Schatten. Das schreit nach gekühlten Weißwein… soll auch gut sein für die Muskel-Regeneration von Velofahrern.
Nun bin ich da, in Rom. Nach 1.180km Radfahren und 9.810 Höhenmeter in 18 Tagen. Ohne Zwischenfälle und ohne Blessuren. Mein E-Pony steht in einem Parkhaus und ich fahre für ein paar Tage mit dem Zug nach Neapel, Vesuv, Pompeji anschauen und Capri Sonne genießen.
Hier in Rom gibt es viele Steine…verbaut in Villen, Kirchen, Brunnen, Palästen und Strassen. Die Steine sind nett und clever übereinander gestellt, zum Beispiel beim Kolosseum.
Morgen ist Sonntag, da geht man in Italien zur Kirche. Ich gehe morgen in den Petersdom und zünde ein paar Kerzen an: für alle Leute in meiner persönlichen Umgebung , für die Gesunden und die Kranken, für die Kinder und für meine Enkel. Ich glaube ich spendier der kürzlich verstorbenen Queen auch eine Kerze. Die hat es verdient!
Anschließend gehe ich in den Frühschoppen, vermutlich mit dem Papst. Ich frag mal ob er mitkommt.
Die Gastronomie in Rom ist unverschämt! Teuer, schlecht und beschiss-orientiert!
Teuer: Für ein kaltes Glas Weißwein 0,1 bezahlte ich 10€. Für ein Joghurt zum Frühstück 15€. Nein, ich esse kein Joghurt mehr in Rom.
Schlechtt: In den Abruzzen schmeckte die Pasta himmlisch. Mama hat gekocht, die Tochter serviert, Papa trank Wein. Es war traumhaft..in Rom war die Pasta zum Kotzen.
Beschiss-orientiert: Nach der Ankunft in Rom bestellte ich ein grosses Bier auf englisch (a big Beer) … ohne Rücksprache kam ein Masskrug (1ltr) für 18 EUR. Ich hab’s getrunken.
Ein weiterer Trick ist das Rückgeld. Zum Beispiel kostet etwas 6€. Du gibst einen 10€ Schein. Der Kellner bringt das Rückgeld auf einem kleinen Teller. Zwei 1€ Münzen liegen auf dem Kassenbon die 2€ Münze liegt unter dem Bon. Der unaufmerksame Kunde nimmt die Münzen die oben liegen. Das unter dem Bon liegende Rückgeld sackt der Kellner ein. Das können Sie mit einem Porschefahrer machen …aber nicht mit einem alten, geizigen Velofahrer!
Bin jetzt kurz vor Napoli. Das Rad steht in einem Parkhaus in Rom und ich mache mit dem Zug einen Ausflug an den Golf von Neapel (Vesuv, Pompeji, Capri Sonne usw.)
Hä…warum das? Die Velotour bis Rom war Super. Aber, je näher ich der Hauptstadt kam, desto schwieriger wurde es mit Verkehr und fehlenden Radwegen. Südlich von Rom gibt es keine Radwege mehr und zusätzlich viele Tunnels ohne Beleuchtung. Die Überlebenschance sinkt !!! Da ich möglichst unüberfahren wieder nach Hause möchte, entschied ich mich für die Variante: Eisenbahn. Wenn ich wieder zurück in Rom bin, schnapp ich mein Bike und fahre mit dem Zug zurück. So geplant.
Hier an der Amalfiküste, kurz vor Neapel ist es nicht so übel, schöne Dörfer am Meer, nur über Treppen erreichbar, blitzblank hergerichtet und gepflegt. Bilderbuch-Italien!
Die Frage taucht öfters auf, ich versuche es zu erklären…aber in Wirklichkeit…habe ich keine Ahnung! 19.Tag Ankunft in Rom! Es hat mich selbst überrascht, aber es lief perfekt…und ich strampelte los, als wenn Putin oder ein anderer Dämon hinter mir her wäre.
Dabei gab es noch vier Ruhetage. Also 15 Tage Fahrzeit.
Wir wollen mal rechnen: 1.200 km (Jestetten-Rom) geteilt durch 15 Fahrtage ergibt 80 Tageskilometer. Bleiben noch die Höhenmeter. 9.810 Hm geteilt durch 15 gibt 654 Hm pro Tag. Mit etwas Kondition, gutem Wetter und ein paar Ampere aus dem Akku…gut zu schaffen. Zugegeben, ich schaute unterwegs nicht jede Kirche an und kehrte nicht in jeder Beiz ein.Ausserdem gab es keine Pannen.
Leute: ich fahre immer noch mit Luft aus Jestetten im Reifen, nix aufgefüllt.
Der Vesuv ist ein aktiver Vulkan. Na ja, zuletzt hat er sich 1944 bemerkbar gemacht, soooo aktiv ist nun auch wiederum nicht. Gottseidank! Vulkane haben ein Loch in der Mitte, die Dreckkruste aussen herum heisst Krater. Viele Vulkane sind beheizt.
Heute war ich auf dem Vesuv. Man kann ganz bequem mit dem Bus auf rund 1.000 m.ü.M. fahren und muss nur noch ein Stück hochladen. Am Krater gibt es einen Rundweg…es ist schaurig schön da runter zu schauen. Noch schöner ist es, über den Golf von Neapel zu schauen. Dass kann man vom Vesuv aus sehr gut. Heute war es ziemlich windig da oben. So langsam geht der Sommer auch in Süditalien zu Ende. Es wird merklich kühler, windig und ungewöhnlich regnerisch.
Der richtige Momenr für mich umzukehren. Morgen geht es zurück nach Rom, hole mein Bike wieder aus dem Stall und dann fahren wir zusammen im Zug nach Hause.
Heute war der 24.August im Jahr 79 n.Ch.! Genau an diesem August-Tag blieben in Pompei die Uhren stehen. Allerdings erfand man die Uhr erst 1200 Jahre später.
Der Vesuv war ausgebrochen, die Stadt verschüttet …ihr kennt die Story. Eine ganze Stadt geht plötzlich „offline“.
Diese Momentaufnahme ist Pompei.
Mit Shorts und T-Shirt wanderte ich durch dieses Weltkulturerbe, aber „gefühlt“ trug ich Sandalen und eine Toga. Heute gab ich innerlich den Römer!
Besuchte das Theater, war auf dem Markt, bestaunte die vielen römischen Imbissbuden, war im Bade-Freudenhaus, auf Sportstätten und in mehreren Tempeln. Das Angebot sehr gross. Ich denke, geneigter Leser, Euer Interesse gilt dem Freudenhaus! So denn…
Nach ausgiebigen Bad- und Saunagängen wurde Mann oder Frau geölt, gesalbt und massiert. Es gab kostenpflichte Dienstleistungen aller Art. Man hörte Musik, trank Wein vermutlich auch Aperol-Spritz, speiste im Liegen, diskutierte rum, kaufte nebenbei einen neuen Sklaven für die Gartenarbeit…und tat all dass, was man so als “ Pompeier*in machen konnte, um zu Chillen.
Das Gendersternchen ist bewusst gesetzt, denn es gab das gleiche Angebot für Frau und Mann. Nix Schmuddeliges…eine römerübliche Wellness-Oase in bester Lage.
Pompei war eine stinknormale Kleinstadt(10.000 Einwohner), so wie Frauenfeld, Herrenberg oder Freudenstadt ! Nur halt vor 2000 Jahren. Prächtige Häuser, bunt bemalt, mit fortschrittlicher Haustechnik und einer beeindruckenden Bauweise. Erbaut von genialen Baumeistern. Wenn man sich überlegt,was alles noch nicht erfunden war. Unglaublich!
Ein interessanter Ort. Ich ließ die hektischen Touristenherden an mir vorbeiziehen, bedauerte die Leithammel mit ihren Fähnchen…und genoss den Tag, trotz Regen und Gewitter.
Ich sitze im Intercity, der das verdreckte Velo und mich von Rom über Mailand durch den Gotthard nach Hause bringt. Zehn Stunden Fahrt…zigmal umsteigen…die umgekehrte Richtung auf dem Rad war interessanter.
Danke an Alle, die mich motivierend begleiteten. Danke an das Familienteam zu Hause. Die Reise verlief ohne Panne, ohne Zwischenfälle. Mehrere Corona Test unterwegs…Fehlanzeige.
Die Jahreszeit war perfekt! Aber dann kippte das Wetter…also umdrehen.
Italien ist ein tolles Land und etwas abseits der Besucherströme konnte ich ein klein wenig hinter den Hochglanzprospekt „Italien“ schauen. Einige Klischees stimmen zu 100%, andere nicht…wie immer!
Ein Entschuldigung geht an die italienischen Autofahrer, die ich täglich verflucht und in die tiefste Hölle gewünscht habe.
Ab Morgen ist wieder Normalität, die ich jedoch nicht vermisste. Einen Monat lang ohne Zeitung, ohne Routine, ohne Politik und all den Quatsch… so eine Auszeit ist wertvoll. Aber auch einen Monat lang sich auf ein Minimum zu reduzieren (zwei Fahrradtaschen) ist eine gute Erfahrung. Langsames Reisen ist das krasse Gegenteil von einer Städtereise. Ich weiss aber auch das Privileg zu schätzen: Zeit zu haben.